12.09.2009

Marseille – Barcelona 10.09.09 – 02.10.09

Vorbemerkung:
Geplant ist eine dreiwöchige Radtour, die mein geliebtes Südfrankreich mit meiner lieb gewonnenen Stadt Barcelona verbinden soll. Oberstes Ziel die Erholung und nicht, Kilometer zu fressen. Also viel Ruhe und entspanntes Radeln. Hängen bleiben, wenn es mir irgendwo gefällt, ist dadurch, dass ich die Tour allein mache, ganz einfach möglich. Ich muss dann teilweise nur mit mir selbst diskutieren, was ich nun will. Aber auch das ist nix Neues. Nach dem Routenplaner von Via Michelin geht die Strecke über ca. 570 km ohne Schnörkel, auf dem kürzesten Weg. Das macht rechnerisch Tagesetappen von 30 km nötig. Es besteht die Möglichkeit, dass ich sowohl -1 m unter NN unterwegs bin (baden im Mittelmeer) und wohl auch bis auf 1000 m über NN klettere [ auf 1300 m war ich in Spanien bei Morella schon], je nach dem, wo ich in Richtung Spanien lang fahre. An der Küste - oder mutig über die Pyrenäen. Ich werde aber mit Sicherheit ein paar Schnörkel fahren. Schließlich will ich ja was vom Land sehen. Und es wird kürzere und längere Tagesetappen geben. [Die kürzeste Etappe war bei meinem zweiten Aufenthalt hier in der Region ganze 12 km, weil das Dorf am Grand Canion de Verdun, an dem ich ankam, so schön war, dass ich spontan dachte: Hier willst Du alt werden! Na ja, ich hab mir dann gegönnt, dort einen Tag älter zu werden.]

10.09.09 Marseille
ja, es ist soweit, ich bin wirklich in Marseille angekommen. Doch Urlaub wäre wohl kein richtiger Urlaub, wenn da nicht vorher etwas Chaos wäre. Vor lauter hin und her gesuche nach dem richtigen, bezahlbaren Flug hab ich dann wohl was verkehrt abgespeichert. Ich ging davon aus, am 12.09. zu fliegen. Nun sitze ich aber schon am 10. hier in Marseille. Zwei Tage früher, als vor einer Woche noch gedacht. Hinter mir liegt eine Nacht mit nur vier Stunden Schlaf, weil ich die letzten Sachen noch zusammen packen musste. Ich war (mal) rechtzeitig am Flughafen. Das mit dem Gepäck hat wunderbar funktioniert. Kein Übergepäck und das Fahrrad war auch null komma nix durch. Doch dann wurde ich noch mal zum Check in gerufen, weil sich in meinem Gepäck beim Durchleuchten seltsame Dinge befanden. Genau genommen war das mein Akku, mit dem ich Elsbeth am Leben erhalten will, der den Herren von der Security Kopfzerbrechen bereitete. Wer Elsbeth ist, werdet Ihr gleich noch erfahren. Ausgepackt sah der Akku ungefährlich aus und durfte auch wieder in die Tasche.
Eine Stunde nach der Ankunft waren dann auch endlich alle Teile am Fahrrad wieder richtig eingestellt, die Taschen gepackt und alles verstaut. Naja fast alle Teile waren richtig eingestellt. Es fiel mit schwer, mit einem um 90° verdrehten Lenker zu starten. Doch auch der war dann nach einem kurzen Gackerflash und dezentem Gesichtsfarbenwechsel, schnell wieder in der richtigen Position und auf ging es in Richtung Marseille.
Wie ich nur darauf gekommen war, dass der Flughafen nur 5 km von der Stadt entfernt ist, weiß ich ich nicht. Auf jeden Fall waren es 35 km bis zu Jugendherberge. Das erste mal in diesem Jahr mit dem Fahrrad und 20 kg Gepäck. Meine Kondition ist, so lässt sich vermuten, noch nicht die Beste und Elsbeth, meine Navigatorin, ziemlich störrisch. Nicht nur, dass sie ein perfides Vergnügen dabei empfindet, mich auf Autobahnen und Schnellstraßen lotsen zu wollen. Nein, sie besteht quasi darauf, in ganz Europa den Linksverkehr einzuführen, weil sie der Meinung ist, einmal um den Kreisverkehr ist einfach nicht die kürzeste Rute. Damit hat sie ja recht. Aber es ist mir zu gefährlich, dann auf sie zu hören. Und mit Einbahnstraßen hat sie es auch nicht so. Da wo sie lang fahren will, geht es eben lang. Na ja, eine Monarchin unter den Navis eben.
Getreu dem Schimmelreiter erreiche ich die Herberge mit Müh und Not. Nach einer Dusche geht es mir allerdings wieder besser. Ich genieße noch ein Bier, ein paar nette Gitarrenklänge und bin dann wohl gegen 23 Uhr im Bett.
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Unterkunft: Jugendherberge Impasse du Doctor Bonfils stadtauswärts links abgehend von der Avenue Joseph Vidal, einfache Herberge, 4 Bettzimmer, Übernachtung ca. 18 € [info]


11.09.09 Marseille > Aix en Provence
Bis man so seine diversen Kleinigkeiten auf dem Fahrrad verstaut hat, das dauert. Somit komme ich gegen 10.30 von der Jugendherberge weg. Und es ist so, wie eich es vermutet hatte. Die Strecke, die ich gestern ganz gemütlich bergab gerollt war, darf ich heute wieder hochstrampeln. Hatte ich schon erwähnt, dass meine Kondition noch nicht wieder die Beste ist? Nach der Durchquerung von Marseille finde ich dann auch endlich meinen Lieblingssupermarkt „Ed“ Ich hole mir frisches Obst und was zu trinken, lege eine kleine Futterpause ein und weiter geht es. Ich war lange unschlüssig, ob ich Aix en Provence wirklich wieder einen Besuch abstatten sollte. Aber als ich auf dem Parkplatz vor dem Ed sitze (von dort waren alle Richtungen möglich und Elsbeth mir sagt, es seien nur winzige 22 km bis Aix, da macht mein Herz einen Hüpfer der Freude und die Entscheidung ist gefallen. Die Freude wird kurzfristig gedämpft, als mein Frischobst wenige Kilometer später sein tragisches Ende auf der N8 findet, als es mir vom Fahrrad fällt und vom folgenden Verkehr überrollt wird. 
15.00 Uhr > Septèmes les Vallon
Nun sitze ich hier und mache schon wieder Pause. Im Schatten sind es 29°C. Da muss man keine Kilometer fressen. Auf dem Weg wird es wohl gleich noch einen Baumarkt geben. Da kann ich dann Reperaturmaterial für meine Vorderbremse kaufen. Warum löst sich so was eigentlich immer im Urlaub auf? Okay. Weiter geht’s. Elsbeth wird schon hibbelig. Obwohl sie hier neben mir liegt, brabbelt sie was von: “Bitte wenden Sie jetzt!“ unterforderter verschrobener Navi Adel eben... ;O)
17 Uhr > Shoppen bei Decathlon kurz vorAix… gefährlich!
Mein Schwesterherz kennt das. Ich hab mich zusammen gerissen und nur den benötigten Campingkocher, ein Funktionsshirt und ein Nahrungsergänzungspülverchen mitgenommen. Letzteres soll bei langanhaltenden Muskelbelastung den Körper mit den benötigten Sachen versorgen. Das gab es leider nur in Geschmacksneutral. Na, dann werde ich ja die nächsten Tage abgehen, wie eine Rakete... 
21 Uhr > Aix en Provence
[zum dritten mal, damit ist es nach Kölner Gesetzen Tradition] … frisch geduscht und wieder in einer Jugendherberge. Es wird Zeit, dass ich mich mal auf einen Campingplatz begebe. Schließlich habe ich mir ein sündhaft teures neues Zelt gekauft. Und es soll ja auch ein wenig Abenteuerurlaub sein und nicht „edel“ im Doppelstockbett. Als ich mich auf den Weg gemacht habe, habe ich mich ja kurzfristig gefragt, ob das wirklich noch meine Art Urlaub ist, mit einem voll gepackten Rad durch die Lande zu eiern. Der Gedanke währte nur kurz und endetet mit der Antwort: Ja! Ich bin gerade mal zwei tage unterwegs und alles, was mich in Köln belastet hat, ist weit weg. Genau das soll Urlaub wohl doch erreichen. Internetzugang hatte ich weder in Marseille noch hier. Keine Emails, kein blaue Theke, doch habe ich in Marseille schon im Vorüberfahren zwei Läden ausgemacht, die stolz die Regenbogenfahne gezeigt haben. Hier in Aix kenne ich ein schwules Café, welches ich wohl morgen beehren werde. Es handelt sich um das Café Happy Days, ein quirliges Café an einem der Märkte.

Große durchtanzte oder durchzechte Nächte wird es auch hier nicht geben. Um 1 Uhr muss ich hier sein. Sonst ist die Tür zu und für einen Erbensuppenfreier bin ich nun wirklich zu alt. Vielleicht verliere ich ja einen gläsernen Schuh auf einer Stufe vor der Tür eines örtlichen Homosexuellenlokals und ein Prinz galloppiert mit auf dem weißen Ross bis Barcelona hinterher. Wenn ich langsam genug radele, bekommt er mich schon in Perpignan zu fassen, oder auch schon in Cascarsonne... oder in Montepellier.
[Sollte sich Jemand, der das ließt, fragen, ob das so weiter gehen wird, den kann ich be(un)ruhigen. Ja, meine Reisetagebücher sind so versponnen. Immer! Das ist das erste, das online gehen wird. Nun gut, nicht in Echtzeit, immer dann, wenn ich mal wieder Internetzugang habe. Das hält etwas Platz für Vorfreude frei oder für Erholung von dem Grauen. Das liegt gänzlich im Sinne des Betrachters.]
12.09.09 21 Uhr > Aix en Provence
Heute war ein Tag Stadttourismus angesagt. Ich habe meine beliebten Orte besucht, im Café Happy Days einen Cafe au Lait getrunken und bin kreuz und quer durch die Stadt gewandert. Eigentlich war ich um 13 Uhr fertig und hätte mich in Richtung Westen aufmachen können Nur hatte ich noch eine zweite Nacht in der Jugendherberge gebucht und war somit örtlich gebunden. Also bin ich noch kreuz und quer durch die Stadt gelaufen und irgenwie immer wieder am Hotel de Ville mit seinem alten Uhrenturm heraus gekommen. Diese verwinkelten Gassen sind schon faszinierend. Aix bietet eine nahezu komplett erhaltene Altstadt, die teilweise von quirligen Menschenmassen, natürlich vielen Touristen bevölkert wird. Biegt man jedoch von einer der mit Boutiquen und Lädchen gesäumten Gassen ab, ist es plötzlich ruhig und fernab von allem.

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Im dritten Anlauf habe ich dann auch den Geant Hypermarché gefunden. Und so bin ich nun im Besitz von meinem Reparaturzubehör. Zum Glück fiel mir heute noch auf, dass Samstag ist, nachdem ich bei Veranstaltungskalendern und Plakaten drüber gestolpert bin, ohne es richtig kapiert zu haben. Mein Futter für morgen ist also gesichert. Apropos Plakate: Ich werde verfolgt! Jedes mal, wenn ich im September durch Südfrankreich radele, sehe ich Plakate eines Kölner Barockensembles, welches ebenso hier unterwegs ist. Somit muss ich auf die beliebte Domsilhouette auch in Aix nicht verzichten. Nun ist noch ein wenig abhängen angesagt. Dann wird es wohl nicht all zu spät wieder in die waagerechte gehen. Morgen werde ich (endlich) wieder radeln, westwärts, wieder an die Küste.
Unterkunft: Jugendherberge, Impasse de Léolienne, stadtauswärts links abgehend von der Avenue Marcel Pagnol, moderne Jugendherberge, Vierbettzimmer, eigenes Bad und WC - ca 19 € [info]
P.S. Es gab keinen Anlass den gläsernen Radschuh auf irgend einer Treppe zu verlieren, also auch keinen Prinzen, der mir folgen wird. Im Cafe Happy Days war Hektik angesagt. Vor der Tür ging gerade der Markt zu Ende. Und in einer kleinen Pizzaria hinter dem Hotel de Ville kam ein schöner Mann nach dem anderen an, um auf Nimmerwiedersehen in der Küche zu verschwinden.

13.09.09 Aix en Provence > Port de Bouc
21Uhr: Ich hatte schon die schlimmsten Befürchtungen, als ich sah, dass ich ein Stück der Strecke, die ich heute zurück legen würde, auch wieder auf der N8 zurück legen würde. Uns zwar auf dem Abschnitt der Straße auf dem ich mich zwei Tage zuvor gemächlich in Richtung Aix hatte rollen lassen – bergab. Doch das Strampeln bergauf war dann doch nicht so dramatisch, wie vermutet. Somit ging es vorbei an diversen Dörfchen, wieder in Richtung Mittelmeer.
Ich vermisse die vor Jahren von den französischen Tourismusverbänden herausgebrachte Campingbroschüre. Sie hatte ein äußerst handliches Format und war mit Regionalkarten ausgestattet, auf denen man gut sehen konnte, wo sich Campingplätze befanden. Wer will auf solch eine Tour schon diese im Buchhandel angebotenen Bibeln mitnehmen, die ganz Europa abdecken? Eine Webseite kann ich für die Vorbereitungen zu Hause allerdings gantz wertvoll sein, wenn man seinen Urlaub und die Tour genau vor planen möchte. Zu diesen Reisenden zähle ich allerdings nicht. Ich lasse mich da lieber treiben.
Heute gibt es was für richtige Männer. Schluss mit der Jugendherbergsromantik. Jetzt wird gezeltet. Ich werde das erste mal mein edles 1 Kilo – Zelt ausprobieren.
Ich glaube, ich werde alt. Ich hab Kreuz! Entweder hab ich mich mit meinen 20 Kilo Seesack verhoben oder was auch immer. Mir tut einseitig der Rücken weh. Das macht das Schlafen auf Luftmatratzen nicht angenehmer. Sonst war das Zelt wunderbar. Schnell aufgebaut und trotz des geringen Packmaßes und Gewichtes durchaus eine Bereicherung.
Genügend Stauraum im Eingangsbereich für das Fahhradgepäck. Man(n) kann direkt unter der Apsis sitzen ohne anzustoßen. In dem Gossammer von Jack Wolfskin war dies nicht möglich. Das ist eher ein Schlafsack mit Dach.
Unterkunft: Campingplatz: Camping Municipal La Mérindole, Avenue des Pins, In Fahrtrichtung Fos sur Mer rechts direkt nach einer Tankstelle an einer auffälligen Ampelanlage abgehend. Einfacher Campingplatz, saubere sanitäre Anlagen, weitläufig. 1Zelt + 1 Pers. 6,40 €

14.09.09 Port de Bouc > Salin de Giraud
Ich brauchte ewig, um vom Campingplatz weg zu kommen. Dafür hab ich mir erst mal das Frühstück geschenkt. Das wollte ich mir für den ersten Stop aufheben. Das ist keine gute Idee. Ich hatte ständigen Gegenwind und das geht ohne Nahrung schlecht. Also war ein „romantisches“ Picknick auf dem Paktplatz vom Leader Price angesagt. Danach ging es etwas besser. Für eine Streckenführung von ca. 9 Kilometer war die etwas nervige N568 angesagt. Ausgebaut wie eine Autobahn, in beiden Richtungen zweispurig mit Standstreifen. Auf letzterem bin ich dann auch rumgezockelt, von rasenden LKW überholt. Leider gibt es für dieses Teilstück keine wirkliche Alternative. Die davon abgehende D268 war schon eine Wohltat. Da hatte ich dann auch - endlich - meine erste Reifenpanne. Kurz vor einem Kreisverkehr gab anscheinend das Ventil des Hinterreifens (Autoventil) den Geist auf. Also Schlauch wechseln. Zwei Stunden später nach der Überquerung der Rhone auf einer Fähre habe ich dann in Salin de Giraud im Office de Tourisme nach den nächsten Zeltplätzen in Richtung Spanien gefragt. Der Nächste käme in ca 40 km. Ich könne aber auch gern am Strand, ca 12 Kilometer zurück zelten. Das habe ich dann auch versucht. Das ist nicht gerade einfach. Bei dauerhaftem starkem Wind bleibt einfach kein Zelt stehen, welches nur durch Heringe im feuchten Sand gehalten wird.Im Hinterland zum Rhone - Delta hin fand ich dann das geeignete Plätzchen.
Unterkunft: Strand ohne sanitäre Einrichtungen, dafür für lau.

15.09.09 Salin de Giraud > Arles
Quer durch die Carmargue. Auf noch kleineren Nebenstraßen. Ruhe! - und ein paar Radfahrer, sogar einer mit großem Gepäck in der Gegenrichtung. Das Land ist platt, wie ein Spiegelei. Es gibt diese Flachen Seen, auf denen alle möglichen Vögel wohnen. Das war eine sehr geruhsame Streckenführung. Etwas zum Seele baumeln lassen. Gegen 16.30 Uhr kam ich dann in Arles an. Dort gibt es eine sehr skurrile Streckenführung eines Radweges zwischen den Spuren in einem Brückenbauwerk, mit dem die N113 die Rhone überquert. Man radelt sozusagen im Keller. Ein netter Jüngling im Office de Tourisme schaut mich mit großen Kulleraugen an und gibt mir die Infos des Weges zur Jugendherberge. Ein anderer Mitarbeiter in etwa meines Alters, sieht auf jeden Fall verschwuppt aus.
Nach einer wohltuenden Dusche geht es dann in die Stadt, die einiges zu entdecken hat, jedoch total auf Tagestouristen ausgerichtet ist. Das heisst, gegen 20 Uhr werden die Bürgersteige hochgeklappt. Es war dennoch sehr schön, die Altertümchen zu entdecken.

Es gibt ein Amphitheater und eine Arena. Und, was mich am meisten erstaunt, ist, daß dort sogar Stierkämpfe gezeigt werden. Das hätte ich doch eher Spanien zu sortiert.
Unterkunft: Jugendherberge, Avenue du Foch 1, 5 Gehminuten zum Stadtzentrum, Herbergseinrichtung schon etwas älterem Ursprungs, modernisierte sanitäre Anlagen, 16 € pro Nacht. [info]

16.09.09 Arles > Maguelone
In Arles hatte es die Nacht über heftig geregnet. Bis zum Morgen war davon noch Nieselregen übrig. Nich hatte soweit alles gesehen, was mich an Arles interessierte. Und da ich zwar manchmal süss sein kann, aber nicht aus Zucker bin, hab ich mich also aufs Rad geschwungen und in Richtung Sete auf den Weg gemacht. Nun ist ein Nieselregen ja nichts halbes und nichts ganzes, also fing es richtig zu regnen an. Das schöne an Regenkleidung ist ja, dass sie wasserdicht ist. In beiden Richtungen. Zu meiner Mittagspause war ich dann also durchnässt. Wohl vom Schwitzen unter der Regenpelle. Auf dem Radweg traf ich dann noch zwei wild gestikulierende Süsswasserkrebse, denen man wohl während eines kurzen Bades im Bach am Straßenrand das Fahrrad geklaut hatte. Da sie mir nicht genau sagen konnten, wo sie nun hin wollten, habe ich sie wieder in den Straßengraben gesetzt.

Gegen 14 Uhr war es dann endlich mit dem Regen zu Ende und die Sonne ließ sich schüchtern wieder sehen. Also strampelte ich munter weiter auf meiner D62, die kurz vor Montepellier ihre Bezeichnung ändert und dann nicht mehr mit dem Fahrrad befahren werden darf. Das ist mir schon mehrfach passiert. Muss man nicht verstehen. Bei einem Abstecher nach La Grande Motte versorgte ich mich mit neuen Informationen bezüglich Campingplätzen. Nur mit dem Erfolg, dass zwei der zwei angesteuerten Plätze geschlossen hatten. Ich hatte schon beschlossen, mich nach Parlavas les Flots ins Hinterland zu verkrümeln, da sah ich ein Regenbogenfähnlein im Winde wehen. Ich nächtigte an einer jahreszeitlich bedingt schon geschlossenenen schwulen Strandbar. Es war eine kühle Nacht so dierekt am Meer aber ich habe gut geschlafen.
Unterkunft: Ohne Service mit Meerblick für lau

17.09.09 Mangueleone > Agde
Am nächsten Morgen ging es dann noch zu der Kirche von Mangoleone und dann weiter in Richtung Agde. Teilweise ist die Verkehrsführung etwas irritierend, wenn man keine detaillieren Karten hat. Und ich war in Sete schon drauf und dran, mich in die Jugendherberge zu begeben. Andererseits hatte ich mit Valentin verabredet, ihn in Agde zu besuchen. Also hieß es weiter strampeln. In Agde angekommen war die Suche nach einem Campingplatz dann gar nicht so einfach, weil einige schon geschlossen hatten. Als es schon dunkelte fand ich dann einen relativ nahe an Bahngleisen. Aber nachts fuhren da nicht viele Züge. Wofür dieser Platz allerdings 3 Sterne bekam, ist, wie in vielen Fällen nicht nachvollziehbar. Zur Ergänzung der Freude fing es am morgen dann auch noch an zu regnen und hörte gegen Mittag wieder auf. Hierbei stellte sich heraus, dass mein Zelt einen kleinen aber feinen Konstruktionsfehler hat. Ihm fehlt am Fußteil eine zusätzliche Abspannung. Dadurch kann sich dort in der Zeltbahn bei Regen eben dieser sammeln und wenn der Untergrund die Heringe nicht hält, kippt der ganze Spaß einfach um und damit das ganze Zelt, weil diese Spannung benötigt wird, um die Konstruktion aufrecht zu halten. Ich werde dies den Herstellern wohl mal mitteilen.
Unterkunft: Camping Palmeide *** 12 €

18.09.09 Agde > Montady
Gegen 12 Uhr hatte ich das Zelt wieder sauber und einigermaßen trocken. Da ging es erst mal zum Intermarche, ein gebackenes Huhn fangen. Somit gab es Frühstück und Mittag auf einmal. Nach einem weiteren Versuch, Valentin ausfindig zu machen und weiteren (gefühlten 49) umrundeten Kreisverkehren, gab ich auf und machte mich in Richtung Beziers auf den Weg. Dort sollte es einen weiteren Dechatlon geben, an dem ich mir die Neoprensocken kaufen wollte, damit ich, falls es wieder regnet, zwar nasse, aber keine kalten Füße bekomme. Den Rucksacküberzieher habe ich dann nur in riesig gesehen. Ich wollte ihn allerdings eher in kleiner. Nach einer auch wieder chaotischen Ortsdurchquerung von Beziers (Ausschilderung: Toutes Directiones) habe ich es dann noch bis Montady geschafft, wo ich es mir dann an einem Sportplatz bequem gemacht hab.
Unterkunft auf einem Sportplatz, fliessend kaltes Wasser (für richige Kerle auch als Dusche) für Lau

19.09.09 Montady > Carcassonne
Es dauert jedes mal, bis man alle seine Sachen wieder zusammen hat. Dann noch mal ein prüfender Blick über das Gelände, ob man nicht irgendwo seine Unschuld hat liegen lassen und dann geht es los. Eine Besichtigung der sicherlich spannenden Kirche in Carpestrang war leider nicht möglich. Dort kommt man nur zu speziellen Öffnungszeiten rein und ich war geringfügig zu spät dort.
Es war heute eine lange Etappe von 54 km. Und jeder einzelne Kilometer bedeutete Gegenwind. Irgendwann führt das zu massiver Unausgeglichenheit und aufsteigender Frustration, wenn man selbst bergab strampeln muss. Also gab es häufige Pausen zum Luft holen und dann ging es weiter. Die letzten Kilometer gingen dann noch über die einer Autobahn gleiche D6113. Aber dann war es auch nicht mehr weit und ich stand vor den Stadttoren von Carcassonne. Das ist wörtlich zu nehmen. Es gibt eine komplett erhaltene mittelalterliche Stadtbefestigung. Und in eben diesem Teil, der Altstadt liegt auch die Jugendherberge, in der mich ein sehr charmanter Mitarbeiter empfing. Ihm fiel fast die Kinnlade herunter, als er das Fahrrad vor der Tür sah. Nachdem ich dann mich und die Wäsche versorgt hatte, sitze ich nun wieder hier, bei Dir mein liebes Tagebuch. Morgen kommt dann die Stadtbesichtigung. 
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Die war dann auch ohne weiteres in 2 Stunden durch. Die Stadt ist klein und es gibt viele Lädchen und Restaurants aller Coleur, um die Leute um ihr Kleingeld zu erleichtern.
Unterkunft: Jugendherberge in einem angenehmen Haus 19.30€ [info]



20.09.09 Carcassonne > Quillan
... von wegen Tagesetappen von 30 bis 40 Kilometer. Ich wollte die nächste Jugendherberge erreichen. Da waren es dann doch mal ein paar mehr. Und es passte mal wieder das Sprichwort: Dem Glücklichen schlägt keine Stunde. Als die Reisebusse die Touristen in Carcassonne absetzten, war es mir noch nicht aufgefallen. Erst viele Kilometer späte, als ich dann einen Supermarkt überfallen wollte, um mir ein Baguette zu kaufen, war ich verwundert, dass dieser geschlossen hatte. Der erste gedanke war: Naja, Dorf und kurz nach Mittag. Als der Baumarkt daneben auch noch zu hatte, dämmerte es mir. Es ist mal wieder Sonntag und ich habe es nicht mitbekommen. Mein Baguette hatte ich dann keine 2 km später bei einer Dorfbäckerei erstanden. Die nächste Erfahrung zum Thema Frankreich und Ausschilderung hatte ich dan in Quillan, als ich die Jugendherberge absolut nicht finden konnte. Die Einheimischen hatten sich alle versteckt und ich traf nur Touristen an. Bis zu einem Ehepaar aus Québec (Kanada). Nach etwas mehr als einer Stunde gab ich dann auf und habe mit dem Zeltplatz vorlieb genommen. Der hatte dann den Vorteil, daß die Rezeption geschlossen war und niemand mein Geld wollte.

21.09.09 Quillan > Perpignan
Das war dann heute noch mal ein langer Ritt. Aber ich muss zugeben, dass ein guter Teil der Strecke bergab ging und ich auh noch netterweise Rückenwind hatte. Somit bin ich nun in Perpignan angekommen. Hier habe ich die Jugendherberge auch gefunden. Und - sie war sogar ausgeschildert. Sie ist von den Standarts her einfach und sehr verkehrsgünstig an einem Autobahnzubringer gelegen. Um 19 Uhr machten die Geschäfte dicht. Ein interessantes Kneipenleben konnte ich nicht entdecken. Ich muss zugeben. Meine Ausdauer war auch nicht gross. Ich hatte genug gestrampelt.
Doch eine kleine Begegnung hatte ich, die mir spontan ein kleines Tränchen der freudigen Erinnerung ins Auge trieb. In einem Schaufenster sah ich als Hintergrund für eine Deko eine Phototapete. Darauf abgebildet war die Skyline NYC Manhattans, gesehen von dem Park in Brooklyn, der sich zwischen der Brooklyn und der Manhattan Bridge befindet. In diesem Park hatte ich im April bei strahlendem Sonnenschein ein kleines Picknick. (Seufz!)
Unterkunft: Jugendherberge, zweckmässig, Küche im Gartenhaus... ca 16 € [info]

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22.09.09 Perpignan > Banyuls sur Mer
Das war heute mal wieder eine kurze Etappe. Teilweise über die N914, die wieder wie eine Autobahn ausgebaut war, weiter dann über Landstraßen. Es wurde gegen Mittag dann ziemlich warm. Sicher hätte ich auch die letzten Kilometer bis zum Cap Cebere und damit nach Spanien noch geschafft. Aber ich gebs zu. Ich wollte Frankreich noch nicht verlassen. Zumal der beschauliche Ort auch noch über einen Camping Municipal verfügt. Also über einen kommunal geführten Platz. Diese kann ich nur wärmstens empfehlen. Sie sind nicht überteuert und immer in einem gepflegten Zustand. Hier hiess es dann noch mal Wäsche waschen und ein gemütliches Abendessen.

23.09.09 Banyuls sur Mer > Llancia
Ich kam gegen 11 Uhr vom Campingplatz weg und versorgte mich noch mal im Supermarkt mit den nötigen Futteralien. Dann hieß es auf in Richtung Spanien.

Am Cap Cebere, also in Spuckweite zur Grenze nach Spanien hatte ich noch eine Reifenpanne. Der Mantel am Vorderrad gibt den Geist auf. Nachdem ich den Schlauch geflickt und den Mantel notdürftig mit Gaffaband stabilisiert hatte, ging es weiter. Der Zeltplatz am Platja Garbet sah so erbärmlich aus, dass ich beschlossen habe, dafür kein Geld auszugeben. 2 km weiter fand sich dann auch ein ruhiges Plätzchen in einem Pinienwäldchen. Nun werde ich mich in Llancia und auf dem Weg nach Figueres auf die Suche nach einem neuen Mantel für mein Vorderrad machen. Die Sache mit dem Gaffaband ist keine Dauerlösung. Ich will nicht, dass mir der Spaß um die Ohren fliegt und ich mich langmache. In Figueres ist dann wohl auch ein Besuch des Gaudi – Museums angesagt. In dieser Stadt wurde der Maler geboren, lebte nach seiner Rückkehr aus den USA auch wieder dort, bis zu seinem Tode.

24.09.09 Llancia > Figueres
Die 36 km waren schnell gefahren, zumal mir hier auch wieder der Rückenwind hilfreich war. Das Theater, in dem das Museum Gaudi untergebracht ist, war dann auch schnell gefunden. Bei diesem Mann handelt(e) es sich schon um einen genialen schrägen Künstler. Es hat richtig Spaß gemacht, seine Werke zu betrachten.


Nach der Rückkehr ins Reale Leben kam dann die Herausforderung, den Decatlon zu finden. Anscheinend freute sich mein alter Drahtesel auch schon auf den Besuch. Zumindest sprang ihm gleich noch eine Sattelfeder. Somit war dann auch noch ein neuer Sattel fällig. Decatlon hat in diesem Jahr guten Umsatz an mir gemacht. Aber ich kann diese Kette Jedem nur empfehlen, der Outdoor unterwegs ist – und das nicht nur in den städtischen Grünanlagen und zu vorgerückter Stunde. Aber auch dafür findet sich dort sicher passendes Zubehör. Nach der Shopping und Schrauborgie fand ich meine Ruhe für diese Nacht auf einer Wiese eines Bauern. Ich habe in Anbetracht der späten Stunde nicht mehr gefragt, ob es recht ist.

25.09.09 Figueres > Palamos
Ich hatte Bedarf nach Küste, Meer und baden. Also ging es von Figueres in Richtung Süden nach Palamos. In einem kleinen Dorf unterwegs habe ich dann eine Siesta neben der Dorfkirche eingelegt. In Palamos selbst fand ich keinen geöffneten Campingplatz also nächtigte ich wieder in der freien Natur. (2 km weiter waren sie dann, die Campingplätze) Eine detaiertere Karte wäre auch hier hilfreicher gewesen. 1:200.000 ist etwas unpraktisch. Kleinere Straßen sind nicht eingezeichnet und die eingezeichneten Nebenstrassen sind nicht nummeriert. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich bewege mich swieder auf Frankreich zu. Auch Elsbeth war kurzzeitig irritiert, als ich sie befragte. Aber ich habe es dann doch noch geschafft, dort hinzukommen, wo ich hinwollte.

26.09.09 Palamos > Canyet del Mar
Endlich Strand! Ich will baden. Also habe ich mir nach kurzer Etappe in Sant Fileu de Guíxols ein wenig Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Dies tat ich dann mit Ausdauer. Es tat richtig gut. Auserdem will man ja nicht mit Skifahrererbräune aus dem Urlaub zurück kommen. Das bringt ja nix. Danach machte ich mich ganz entspannt auf die Suche nach einem Zeltplatz für die Nacht. Ziel war Meerblick. Den hatte ich dann auch, wenn ich mich ein wenig auf die Zehenspitzen stellte. ;O)

27.09.09 Canyet del Mar > El Masnou
Die dieversen Urlaubsoerte, wie Tossa und Lloret del Mar durchquerte ich einfach nur schnell.
Auch wenn mich dann doch noch mal ein Decatlon und die Lust auf ein neues buntes Funktionsshirt kalt von rechts erwischte. Musste einfach sein. Aufgrund der touristischen Erschliessung gibt es in dieser Region kaum Brachland. Somit quartierte ich mich auf einem Edelcampingplatz mit nettem Service und gepflegten modernen Sanitäranlagen ein.
Unterkunft: Camping. Für 16 € gabs dan fliessend warmes Wasser überall und penetrante Fliegen am Morgen.

28.09.09 El Masnou > B A R C E L O N A
Das war der Endspurt von 35 km. Es hat was schönes, in eine Stadt zu kommen, die man kennt und die man mag. Als ich mich dann in Richtung Hafen bewegte und die Columbus Säule sah, war ich angekommen. Von da an "flanierte" ich mein Rad schiebend auf den Ramblas und machte mich auf die Suche nach meinem Hostel. Leider lief meine Reservierung erst für zwei Tage später. Somit gab es für mich keinen Platz dort. Das Barcelona del Mar Hostel ist über die Webseiten von Hostelling International buchbar und dementsprechend stark frequentiert. Somit quartierte ich mich im Barcelona Sound Hostel ein. Das ist nicht über HI buchbar und hat eher freie Kapazitäten.

Barcelona ist eine schräge Stadt. Am besten man lässt sich einfach reinfallen und mitnehmen von der Geschwindigkeit, die gerade angesagt ist: Flanieren auf den Ramblas. Das heisst die Kunst des langsam Gehens oder bei Rot schon mal mit dem Fahrrad starten, weil alle es tun und man sonst zum Verkehrshindernis wird. Laufen durch verwinkelte Gassen, ohne wirklich zu wissen, wo man sich gerade befindet. Irgendwann kommt man immer an einen Punkt, den man schon mal gesehen hat und der einen wieder dort hin zurück bringt, wo man hin will. Schauen, verweilen, geniessen...


Unterkunft: Barcelona Sond Hostel: kleineres Hostel mit moderner Einrichtung > ca 18 € [info] + Hostel Barcelona del Mar: ein Hostel, welches durch die Onlinebuchungsmöglichkeit über Hosteling International gern von Gruppen genutzt wird. Das heisst mehr Trubel. Moderne Einrichtung ca. 18 € [info]

Ein mittleres Abenteuer war dann noch die Anreise zum Flughafen. Ein Teil der Strecke war mir vom letzten Jahr noch bekannt. Schwierig wurde es dann allerdings, als ich durch den Hafenbereich musste. Da waren dann diverse Umbauten und Verkehrsänderungen erfolgt. Elsbeth hatte also keine aktuellen Kartendaten und schwallte, abgesehen davon, dass sie mich immer wieder auf die Schnellstrasse schicken wollte, die für mich tabu ist, immer wieder nur Blödsinn. Aber nach einigen kürzeren Irrfahrten erreichte ich dann den Flughafen mit einer Punktlandung eine Stunde und15 min vor Abflug. Der Check in meiner Motorradbatterie ging nicht reibungslos und die Tasche, in der ich sie aufgab, ist jetzt irgendwo. Aber ich bin wieder zu Hause.

Wenn mich jemand fragt, was die Dinge waren, die ich auf meiner Reise angetroffen und am wenigsten erwartet habe: Süsswasserkrebse auf einer Landstrasse und Spätzle schabende Schwaben in einem Hostel in Barcelona.
... und den Kölner Dom an der Toilettentür des selben Hostels ;O)
P.S. Es gab keinen Prinzen, der meinem Weg folgend, nach mir suchte. Nur einen, der kurz vor Bacelona beim ALDI ganz grosse Augen machte, als er mich sah, ewig um die Regale rannte, nur um hinter mir an der Kasse zu stehen, der dann noch mehrmals zwischen seinem Auto und dam Markt im Zickzack rannte, während ich davor stand und mein Gazpacho gesüffelt habe... nur, um dann bei der Abfahrt, in die verkehrte Richtung abzubiegen.. (seufz!)
... bis zur nächsten Tour ...
Yves




P.P.S.
... folgender Witz fiel mir nach meiner Rückkehr in die Hände...
Ein Vampier fährt nachts allein auf einem Tandem durch die Stadt. Er wird von einer Polizeistreife angehalten und es kommt zu der üblichen Frage: Haben Sie etwas getrunken?
Darauf der Vampir: Ja, zwei Radler. ;O)))